Auf ein Wort – von Dieter Fischer
Jedenfalls heißt es von ihm: „Er kam in seine Welt, aber die Menschen nahmen ihn nicht auf“. (Joh. 1,11)
Jesus kann also nachfühlen mit den Asylbewerbern, die seit Anfang November 2012 im Ortsteil Obereichenbach in der eilig umgebauten Grundschule wohnen.
Was begegnet den Menschen, wenn sie auf der Flucht schließlich in Deutschland landen: Aufnahmelager Zirndorf, Befragung, Fingerabdrücke, Unterkunft, Warten, Hoffen, Bangen, Angst vor Polizei und Behörden, Misstrauen. Verlegung in eine andere Unterkunft. Vielleicht in die Schule nach Obereichenbach. Und hier?
Es war ein Glück, dass einige Menschen im Ort von Anfang an wohlwollend auf die Asylbewerber zugegangen sind, andere reden wohlwollend über sie. Auch das ist ein Glück. Ja, manche reden von „unseren Asylanten“. Schließlich haben sie so einiges miteinander erlebt! Da war das Bangen um die zwei serbischen Familien, ob sie bleiben dürfen. Nein, noch vor Weihnachten wurde ihnen der Ausreisetermin zugeschickt. Wenn nicht, droht die Abschiebung. Dann Verabschiedung im Asylantenheim mitten in der Nacht: Hilflosigkeit, Tränen, Umarmung zwischen Muslimen und Christen. Wieder auf der Flucht! Zurück. Mit den Kindern. Jesus war auch als Baby schon auf der Flucht. Roma waren sie. Das war ihr „Fehler“. Was hilft es ihnen, dass am 24.Okt. 2012 in Berlin eine Gedenkstätte für die 5.000.000 im Dritten Reich ermordeten Sinti und Roma für 2,8 Mill. Euro enthüllt wurde? Sie dürfen nicht vergessen werden, ja! Aber wie gehen wir heute mit ihnen um? Der Einsatz für die ca 50 Asylbewerber geht weiter. Arztbesuche müssen organisiert werden, Kontakt zur Güllschule muss gehalten werden, man braucht Übersetzer für die z. Zt. fünf verschiedenen Sprachgruppen, ein Sprachtraining zweimal in der Woche läuft, Hausaufgaben, Spielzeiten für Kinder sind nötig, Sachspenden werden entgegengenommen und verteilt, Zusammenarbeit mit dem Sozial- und Ausländeramt wird geübt und die Oberbürgermeisterin hat ihre Hilfe zugesagt. Seit Januar 2013 arbeitet auch eine Sozialarbeiterin als Halbtagskraft im Heim.
Die ehrenamtlichen Helfer sind nicht nur hineingeworfen worden in eine plötzliche Ausnahmesituation, sondern wurden konfrontiert mit dem „Asylrecht“, diesem geheimnisvollem Paragraphen-dschungel, das von außen gesehen manches Unrecht beinhaltet. Laut einem Radiobericht gab es 2007 19.000 Asylanträge, 2012 waren es aber 63.000 Asylanträge, wobei die Zahl der Mitarbeiter aber gleich geblieben ist. Manche Asylbewerber warten deshalb 2 Jahre auf ihren Bescheid. Nur Sinti und Roma werden „bevorzugt“ nach Hause geschickt. Aber das ist es ja, was die Flüchtlinge suchen: ein „Zu Hause“! Sonst wären sie nicht zu uns gekommen.
Wie stehen wir als Christen dazu, wenn uns die Bibel in 3.Mose 19,34 sagt: „Der Fremde soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der Herr, euer Gott“. Das wurde den Israeliten damals gesagt. Heute nicht mehr gültig? Heute gilt das Asylgesetz? Nicht nur das Schicksal der Asylbewerber macht sehr, sehr traurig – die traumatischen Erlebnisse durch Verfolgung, Diskriminierung, Misshandlung, Erniedrigung werden aber selten erzählt – sondern unsere Asylpolitik macht traurig, hilflos, wütend.
Dieter Fischer