Mittagsgebet für Freitag, 15. Mai 2020

Das Gebet zum heutigen Tag wird/wurde um 12 Uhr auch in St. Gumbertus gebetet.

Schöpfer Gott,
Himmel und Erde preisen dich
in allen Arten von Sprachen und Klängen,
immer neu.
Die Tiere, die jungen Vögel und die Insekten,
die vom Winter erwachen,
der Wind und das rauschende Meer
singen dir zum Lob.
Ein Tag sagt´s dem anderen
und eine Nacht tut’s kund der andern:
Gelobt seist du, Gott,
der in allem und durch alles singt und klingt und spricht.

Auch unsere Stimmen und unsere Gedanken
suchen dich jetzt.
Sei du uns Atem und Wort,
Hoffnung und Gewissheit,
wenn wir zu dir beten:

Für alle, die stumm geworden sind,
weil immer nur andere für sie reden,
weil sie den Mächtigeren in der Sprache unterliegen,
weil ihnen die Worte fehlen,
um zu sagen, wonach sie sich sehnen und was sie brauchen,

Für alle, die taub geworden sind für den Gesang deiner Schöpfung,
die im Lärm verkümmern,
die abstumpfen müssen, um zu überleben,
die nur noch funktionieren,
die Gehetzten, die Versklavten,
die Entwürdigten in Armut und Daseinskampf und Gewalt.

Wir beten zu dir für alle,
die um eine neue Sprache ringen für das,
wofür es noch keine Worte und keine Töne gibt,
die gegen die Angst dein Lob singen,
die Unrecht und Elend nicht verschweigen noch zerreden,
die in deinem Namen handeln,
heute und immer neu in den Herausforderungen der Gegenwart

Wir beten zu dir für alle,
deren neue Lieder Klagelieder sind,
Klagen um Angehörige, die im Mittelmeer ertrunken sind,
Klagen um Tote in Krieg und Terror,
um Vermisste und Entführte,
Klagen und Anklagen
von Menschen, denen Menschlichkeit nicht zugebilligt wird,
Klagen und Fragen nach dir und nach uns.

Wir beten zu dir für alle,
die in unserem Land fremd sind,
denen unsere Musik und unsere Sprache und unsere Kultur
verschlossen sind,
und sie können doch nicht zurück in ihre Heimat.
Hilf uns, dass wir mit ihnen das Gewohnte neu entdecken
und selber die Fremde achten, die uns entgegenkommt.

Wir bitten dich für unsere Kirchen,
führe uns heraus aus ängstlicher Verschlossenheit in Routinen,
aus nervöser Unruhe,
aus menschlichem Handlungsdruck und Kleinglauben,
und begegne uns immer wieder neu,
unerwartet,
jetzt, du fremder Trost
und unser neues Lied,
das weiterreicht als alles, was wir singen und sagen können,
in deinem Lobgesang.
Amen

Pfarrer Dieter Kuhn